Geldkommission kommt (vorerst) nicht

In Island stehen bald Parlamentswahlen vor der Tür. Dann werden die Karten und Mandate neu gemischt. Was bedeutet das für die angestrebte Geldkommission, zumal viele bisherige Unterstützer*innen aufhören? Der Geldreformer Frosti Sigurjónsson wird dabei einer von ihnen sein.

Unterstützer von »Sovereign Money« hören auf

Wenn die Isländer*innen in sieben Tagen zu den Wahlurnen schreiten, werden viele Abgeordnete (mehr oder weniger) freiwillig aus dem Parlament ausscheiden. Mindestens 18 Parlamentsmitglieder – das sind fast 30 % aller Abgeordneten – haben sich nämlich aus verschiedenen Gründen dagegen entschieden, noch einmal zu kandidieren. Das ist die mit Abstand höchste Quote in den letzten zwei Jahrzehnten.[1] Am häufigsten sehen übrigens Abgeordnete der regierenden »Fortschrittspartei« von einer erneuten Kandidatur ab. Das dürfte sicherlich auch dem Umstand geschuldet sein, dass der Partei im Vergleich zur letzten Wahl Stimmverluste von rund 60 % prognostiziert werden.

Allen voran gehört dazu Frosti Sigurjónsson, der bekannteste isländische Lobbyist für »Sovereign Money« (»þjóðpeningar«). Auch er gehört der bei den Wähler*innen in Misskredit geratenen »Fortschrittspartei« an. In der auslaufenden Legislaturperiode trieb der Unternehmer und Politiker als parlamentarischer Kopf mit seinen Parteifreund*innen die Geldreforminitiative voran. Sehr wahrscheinlich wird er sich aber über das von ihm mitbegründete isländische Geldreformnetzwerk »Betra Peningakerfi« (»Besseres Geldsystem«)[2] weiterhin in die kommenden Debatten einbringen.

Neben Sigurjónsson werden dem neuen Parlament auch mehrere andere Sympathisant*innen einer Vollgeldreform oder zumindest erst einmal einer ergebnisoffenen und umfassenden Prüfung einer Reform des Geldschöpfungsmechanismus definitiv nicht mehr angehören. Das betrifft mindestens:

  • Sigurjónssons Parteifreunde Haraldur Einarsson und Páll Jóhann Pálsson,
  • Transportminister a. D. Kristján L. Möller von der »Sozialdemokratischen Allianz«,
  • Brynhildur Pétursdóttir von der liberalen Partei »Strahlende Zukunft«,
  • Helgi Hrafn Gunnarsson von der »Piratenpartei« sowie
  • Innenminister a. D. Ögmundur Jónasson von der »Links-Grünen Bewegung«.

Insgesamt sind das sieben der elf Erstunterzeichner*innen des Resolutionsentwurfes, mit dem eine Art Geldkommission ins Leben gerufen werden sollte.

Wie geht es jetzt weiter mit der Geldkommission?

Seit Ende September ging es in dieser Frage nicht mehr voran. Somit bleibt es vorerst bei dem von Sigurjónsson und drei weiteren Mitstreiter*innen eingebrachten Minderheitenbericht mit überarbeitetem Beschlussvorschlag. Das positive Gesamtvotum des federführenden Wirtschafts- und Handelsausschusses kam aufgrund der anhaltenden Blockadehaltung der »Unabhängigkeitspartei« nicht zustande. Folglich gab es auch keine abschließende Befassung im Althing.[3] Deshalb wird das Projekt aller Voraussicht nach mit Ende der aktuellen Legislaturperiode auch dem Diskontinuitätsprinzip zum Opfer fallen. Es würde also in den Papierkorb wandern und wäre insoweit vorerst gescheitert.

Das bedeutet wiederum, dass die nun neu zu wählenden Abgeordneten den kompletten parlamentarischen Prozess – zum dritten Mal seit 2012 – von vorne starten müssten, um das Thema weiter bearbeiten zu können. Ich wage einmal die Prognose, dass das so kommen wird, zumal schon das bloße Debattieren über gangbare Alternativen wie »Sovereign Money« wichtige Impulse für eine nachhaltige Lösung der isländischen Währungsprobleme liefern könnte.

Abhängig wird ein solcher dritter Anlauf zuvorderst von den Interessen der dann handelnden Personen sein. Sollte zukünftig hingegen eine Regierung ohne Beteiligung der »Unabhängigkeitspartei« im Amt sein, würde das die Erfolgsaussichten wahrscheinlich sehr erhöhen. Dieses Szenario ist gar nicht so unwahrscheinlich, bedenkt man die Absichtserklärungen der Oppositionsparteien, denen in allen bisherigen Umfragen gute Chancen auf eine Koalitionsmehrheit eingeräumt werden.

Gerade weil die Konservativen die parlamentarische Initiative absichtlich ausgebremst hatten, versuchten einige Geldreforminteressierte, auf außerparlamentarischem Wege neue Impulse zu geben. Das ist einer der wichtigsten Gründe, weshalb der Premierminister – ein Parteifreund von Frosti Sigurjónsson – eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gab. Im Wesentlichen vergleicht die Anfang September veröffentlichte Studie[4] das bestehende Geldsystem mit einem »Sovereign Money System« und greift damit viele Prüfaufträge der geplanten Geldkommission auf.

Selbstverständlich halte ich alle Leser*innen von GeldMachtReformen darüber auf dem Laufenden, wie es mit den isländischen Geldreformdebatten weitergeht. Denn bekanntlich ist das mein Promotionsprojekt.

 

Endnoten

[1] Unter ihnen befinden sich sieben Minister*innen und viele langjährige Mandatsträger*innen, die ihre politische Karriere beenden. Vgl. Jóhann Bjarni Kolbeinsson (2016): Metfjöldi þingmanna hættir á Alþingi. [onl. im Int.] In: RÚV, 13.08.2016 [Abruf: 21.10.2016]; Milla Ósk Magnúsdóttir (2016): Ásmundur Einar hættir á þingi. [onl. im Int.] In: RÚV, 20.08.2016 [Abruf: 21.10.2016].

[2] Vgl. die Kurzporträts der Mitglieder auf der Website des Netzwerks.

[3] Vgl. dazu die Dokumente und den Stand der parlamentarischen Initiative auf der diesbezüglichen Webseite »Umbætur á fyrirkomulagi peningamyndunar«. [onl. im Int.] Reykjavík: Alþingi [Abruf: 21.10.2016].

[4] Svanbjörn Thoroddsen/Sigurvin B. Sigurjónsson (2016): Money Issuance. Alternative Monetary Systems. A report commissioned by the Icelandic Prime Minister’s Office. [onl. im Int.] Reykjavík: Forsætisráðuneytið [Staatskanzlei] [Abruf: 21.10.2016].

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