Im Alltag ist oft davon die Rede, sein Erspartes zur Bank zu bringen und dort zu »parken«. Jedenfalls war das bis vor wenigen Jahren noch so, als man für Sparguthaben nennenswerte Zinsen bekam. Schließlich könnten Banken ohne zuvor »geparktes« Geld keine Kredite vergeben. Dahinter steckt die weit verbreitete Vorstellung, dass eine Bank eine Kombination aus Parkhaus und Geldverleih sei. So steht es seit Jahrzehnten in den teuren Standardlehrbüchern der Ökonomie. Kein Wunder, dass selbst viele Banker daran glauben. Doch es ist ein Mythos. Versetzen wir uns dazu in eine Welt, in der Parkhäuser wie Banken funktionieren.
Wenn ein Parkhaus eine Bank wäre…
Stell Dir einmal folgende Situation vor:
Du musstest für Dein neues kleines Auto mühsam und lange schuften. Denn ohne Auto kommst Du nicht zur Arbeit in die City, weil es keinen nennenswerten öffentlichen Nah- und Fernverkehr gibt. Andererseits dürfen Autos seit dem letzten großen Crash nur noch in privaten Parkhäusern stehen. Wegen illegaler Autowäsche, Schwarzarbeit, besserer Kontrolle, Terrorgefahr usw. – Du kennst solche Begründungen ja schon zur Genüge. Für den Parkplatz zahlst Du eine Gebühr, wer denn sonst? Soweit, so üblich. Doch es gibt da noch ein staatliches Privileg, eine ganz eigenartige Klausel, der sich alle Parkhausnutzer unterwerfen müssen. Es macht den Parkhausbetreiber zum neuen Eigentümer Deines Autos, während Du stattdessen nur noch einen Forderungstitel hättest. Du wärst folglich Gläubiger, das Parkhaus Schuldner. Dein Forderungstitel ist allerdings nur einlösbar, sofern noch ein gleichwertiges Auto da ist, wenn Du wiederkommst. Du ahnst es wahrscheinlich schon: in dieser fiktiven Parkhauswelt gibt es deutlich mehr Ansprüche auf Autos als Autos.
Das fändest Du nicht cool, oder? Dabei ist das noch nicht einmal die Hälfte der Analogie. Denn es gäbe noch so viel darüber zu erzählen, wie Autos und wie Ansprüche auf Autos eigentlich entstehen, welche qualitativ unterschiedlichen Autotypen es gibt und wie Parkhäuser damit spekulieren können. Spannend wäre auch, inwieweit das ganze System demokratisch legitimiert ist und wer die Zeche zahlt, wenn es schief geht. Doch bevor wir uns in einer Fantasiewelt von Banken und Parkhäusern verirren, kommen wir nun zurück zur Realität.
Warum eine Bank kein Parkhaus ist
Eine Bank ist weder ein Parkhaus noch ein Geldverleiher. Vielmehr ist sie Kreditgeber, Geldproduzent und Kreditnehmer in einem. In aller Kürze sieht es wie folgt aus: Banken schaffen bei der Kreditvergabe oder beim Ankauf von Sachwerten das benötigte Geld selbst, und zwar in Form von Buch- oder Giralgeld, also durch eine Kontogutschrift. Dieser Vorgang nennt sich »Geldschöpfung«. Refinanzieren müssen die Banken davon durchschnittlich nur 2,5 Prozent. Wenn eine Bank pleite geht, weil sie sich beispielsweise an den Finanzmärkten verspekuliert hat, dann sind die Kontoguthaben ihrer Kundinnen und Kunden erst einmal weg. Denn sie liegen nicht sicher in irgendeinem (virtuellen) Tresor wie Aktien, Goldbarren oder Geldscheine. Sie sind nichts weiter als Verbindlichkeiten der Bank – oder aus Kundensicht: Forderungen auf Auszahlung von Bargeld. All das unterscheidet eine Bank von einem Parkhaus. Dort verschwindet bekanntlich kein Auto, nur weil der Parkhausbetreiber pleite ist.
Wer mehr über unser Geldsystem erfahren möchte, wird bei meinen Bildungsveranstaltungen rund ums Geld sicher fündig.
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Erstellt am 18. April 2017 von Enrico Schicketanz
Ist eine Bank ein Parkhaus und Geld ein Auto?
Im Alltag ist oft davon die Rede, sein Erspartes zur Bank zu bringen und dort zu »parken«. Jedenfalls war das bis vor wenigen Jahren noch so, als man für Sparguthaben nennenswerte Zinsen bekam. Schließlich könnten Banken ohne zuvor »geparktes« Geld keine Kredite vergeben. Dahinter steckt die weit verbreitete Vorstellung, dass eine Bank eine Kombination aus Parkhaus und Geldverleih sei. So steht es seit Jahrzehnten in den teuren Standardlehrbüchern der Ökonomie. Kein Wunder, dass selbst viele Banker daran glauben. Doch es ist ein Mythos. Versetzen wir uns dazu in eine Welt, in der Parkhäuser wie Banken funktionieren.
Wenn ein Parkhaus eine Bank wäre…
Stell Dir einmal folgende Situation vor:
Du musstest für Dein neues kleines Auto mühsam und lange schuften. Denn ohne Auto kommst Du nicht zur Arbeit in die City, weil es keinen nennenswerten öffentlichen Nah- und Fernverkehr gibt. Andererseits dürfen Autos seit dem letzten großen Crash nur noch in privaten Parkhäusern stehen. Wegen illegaler Autowäsche, Schwarzarbeit, besserer Kontrolle, Terrorgefahr usw. – Du kennst solche Begründungen ja schon zur Genüge. Für den Parkplatz zahlst Du eine Gebühr, wer denn sonst? Soweit, so üblich. Doch es gibt da noch ein staatliches Privileg, eine ganz eigenartige Klausel, der sich alle Parkhausnutzer unterwerfen müssen. Es macht den Parkhausbetreiber zum neuen Eigentümer Deines Autos, während Du stattdessen nur noch einen Forderungstitel hättest. Du wärst folglich Gläubiger, das Parkhaus Schuldner. Dein Forderungstitel ist allerdings nur einlösbar, sofern noch ein gleichwertiges Auto da ist, wenn Du wiederkommst. Du ahnst es wahrscheinlich schon: in dieser fiktiven Parkhauswelt gibt es deutlich mehr Ansprüche auf Autos als Autos.
Das fändest Du nicht cool, oder? Dabei ist das noch nicht einmal die Hälfte der Analogie. Denn es gäbe noch so viel darüber zu erzählen, wie Autos und wie Ansprüche auf Autos eigentlich entstehen, welche qualitativ unterschiedlichen Autotypen es gibt und wie Parkhäuser damit spekulieren können. Spannend wäre auch, inwieweit das ganze System demokratisch legitimiert ist und wer die Zeche zahlt, wenn es schief geht. Doch bevor wir uns in einer Fantasiewelt von Banken und Parkhäusern verirren, kommen wir nun zurück zur Realität.
Warum eine Bank kein Parkhaus ist
Eine Bank ist weder ein Parkhaus noch ein Geldverleiher. Vielmehr ist sie Kreditgeber, Geldproduzent und Kreditnehmer in einem. In aller Kürze sieht es wie folgt aus: Banken schaffen bei der Kreditvergabe oder beim Ankauf von Sachwerten das benötigte Geld selbst, und zwar in Form von Buch- oder Giralgeld, also durch eine Kontogutschrift. Dieser Vorgang nennt sich »Geldschöpfung«. Refinanzieren müssen die Banken davon durchschnittlich nur 2,5 Prozent. Wenn eine Bank pleite geht, weil sie sich beispielsweise an den Finanzmärkten verspekuliert hat, dann sind die Kontoguthaben ihrer Kundinnen und Kunden erst einmal weg. Denn sie liegen nicht sicher in irgendeinem (virtuellen) Tresor wie Aktien, Goldbarren oder Geldscheine. Sie sind nichts weiter als Verbindlichkeiten der Bank – oder aus Kundensicht: Forderungen auf Auszahlung von Bargeld. All das unterscheidet eine Bank von einem Parkhaus. Dort verschwindet bekanntlich kein Auto, nur weil der Parkhausbetreiber pleite ist.
Wer mehr über unser Geldsystem erfahren möchte, wird bei meinen Bildungsveranstaltungen rund ums Geld sicher fündig.
Kategorie: Politische Bildung Tags: Bank, Bargeld, Geld, Geldschöpfung, Giralgeld
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